Der Wissensengpass
Paul.Bayer am 28. August 2008 um 22:17Wolfgang Mewes, der Schöpfer der EKS (Engpasskonzentrierte Strategie) schrieb, dass der Engpass der heutigen Zeit unser mangelndes Wissen auf den nichttechnischen Gebieten ist:
„In der Physik ist der Mensch, je genauer er die Naturgesetze erforscht hat und sie zu nutzen lernte, erfolgreicher geworden, als er sich ursprünglich vorstellen konnte. In der Erforschung der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Gesetze der Natur stehen wir dagegen noch ganz am Anfang.“ [1]
Dieser Engpass hält uns davon ab, die technischen Möglichkeiten unserer Zeit für eine nachhaltige Entwicklung zu nutzen. Organisationen und Gemeinwesen werden durch die technische Entwicklung immer komplexer, gleichzeitig mangelt es uns an der Fähigkeit, diese komplexen Gebilde und ihre Entwicklung lenken zu können.
Der Engpass existiert allerdings auf drei Ebenen:
- Person/Handelnder: Welches Wissen hat eine einzelne Person, die in einer Organisation handelt?
- Organisation/Gesellschaft: Welches Wissen hat eine Organisation, welches Wissen steckt in ihren Regeln, welches Wissen wird bevorzugt, wird abgelehnt …?
- Wissenschaft/Lehre: Welches Wissen ist auf einem Gebiet zu einem Thema erarbeitet, bekannt und zugänglich?
Da gibt es durchaus Unterschiede.
Management und der Wissensengpass
Die vier von Mewes angeführten Engpass-Wissensgebiete finden sich alle im Management wieder: Werte und Ethik, Umgang mit Menschen, Lenken von Organisationen, ökonomisches Handeln. Das Management eignet sich deshalb gut, um die Natur des Wissensengpasses zu zeigen.
Offensichtlich gibt es große Unterschiede zwischen einzelnen Managern und auch zwischen Organisationen. Unterschiedliche Manager und Organisationen verfügen über verschiedenes Wissen und über verschiedene „Theorien“, was die richtige Vorgehensweise ist. Im Unterschied zu den naturwissenschaftlich-technischen Berufen gibt es keine ausdrückliche Ausbildung für Manager. Den einzelnen Managern steht deshalb der „Body of Knowledge“ zu Management nicht ohne weiteres zur Verfügung. Deswegen stehen die wirklichen Praktiken von Managern oft in deutlichem Widerspruch zu der Lehre der „Gurus“ wie Peter Drucker, Fredmund Malik, Joseph Juran …
Je exzellenter Organisationen sind, desto deutlicher nähert sich der Managementstil in diesen Organisationen der bekannten Managementlehre an. Offensichtlich unternehmen auch die erfolgreicheren Organisationen mehr zur Ausbildung ihrer Führungskräfte. Deswegen drängt sich der Eindruck auf, dass im Wissen und in den Standards des Managements der eigentliche Hebelpunkt für eine nachhaltige Prozess- und Systemverbesserung liegt. Die Techniken zur Prozessverbesserung sind nur Hilfsmittel für „richtiges und gutes Management“ (Malik). Ohne die Beachtung der Grundregeln und ohne das Wahrnehmen der Aufgaben von „richtigem und gutem Management“ sind die Techniken zur Prozessverbesserung wertlos. Korrektes Management („Management Standard Work“) ist die Grundlage und ein entscheidender Schritt zur Stabilität.
Der Wissensengpass hat also in verschiedenen Unternehmen durchaus unterschiedliche Ausprägungen. Andererseits bedeutet das: jeder kann etwas für die Erweiterung des Wissensengpasses tun. Und wenn eine Organisation anfängt, ihren Wissensengpass zu erweitern, dann sollte sie dadurch eine nachhaltige Leistungssteigerung erreichen.