Kiichiros seltsamer Eimer

Paul.Bayer am 11. November 2007 um 17:09

Liebigs Fass

„Automobile werden nicht nur von den Automobilherstellern alleine gebaut. Vor allem die Lieferanten für Komponenten müssen Entwicklungspartner werden. Wir kaufen nicht nur etwas von Ihnen. Wir müssen sie dazu bringen, für uns Produkte herzustellen [1,2].“

Kiichiro Toyoda (1894-1952)

Der vorstehende hölzerne Wassereimer hat unterschiedlich lange Dauben. Wenn man Wasser einfüllt, ist es die kürzeste Daube, der mangelnde Zusammenhalt einzelner Dauben oder das noch niedriger sitzende Loch, das den Wasserspiegel bestimmt.

Ein Automobil besteht aus zehntausenden von Teilen und wird durch die Arbeit tausender Leute gebaut. Wenn die technische Fähigkeit auch nur eines dieser Menschen nicht entsprechend ist, bestimmt die Fähigkeit dieser Person die Qualität und Zuverlässigkeit des Autos.

Statt sich also auf Einzelpersonen mit herausragenden Fähigkeiten zu verlassen, hat Kiichiro Toyoda, der Gründer von Toyota Motoren versucht, Teams mit hohen durchschnittlichen Fähigkeiten zu schaffen. Sein wichtigstes Mittel, um das zu erreichen war das Beschreiben von Standardvorgängen.

Aus derselben Philosophie hat Kiichiro Toyoda auch seine Zusammenarbeit mit Lieferanten abgeleitet. Er hob die Notwendigkeit stabiler Geschäftsbeziehungen mit den Komponentenlieferanten (first-tier suppliers) und spezialisierter Partnerwerke bei den Lieferanten hervor. Er war überzeugt dass man, um stabile Qualität zu erreichen, in jeden Winkel der Lieferantenwerke gehen und dort die Qualität stabilisieren musste.

Zanshin und die Theory of Constraints

Kiichiro Toyoda hat hier ein altes Samurai-Prinzip (Zanshin) angewandt. Danach ist es absolut notwendig, seine Schwachstellen (Suki) aufmerksam zu beobachten, zu schützen und an ihnen zu arbeiten, da das eigene Überleben davon abhängen kann. Nur so entsteht die Stabilität, mit der man seine Stärken ausspielen kann.

Diese Regel wird auch von der Theory of Constraints vertreten: Die Performance eines Systems wird durch seine Engpässe bestimmt. Um sie zu verbessern, muss man an den Engpässen arbeiten. Energie in Teile des Systems zu stecken, die für den Durchsatz nicht maßgeblich sind, ist pure Verschwendung.

[1]
Gemeint ist Monozukuri, Sachen machen, vgl. Kozo Saito Teil I,
Teil II
[2]
Quelle für das Eimerbeispiel: Satoshi Hino, Inside the Mind of Toyota.- Productivity Press 2006, S. 8f

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Ein Kommentar zu “Kiichiros seltsamer Eimer”

  1. Paul

    Das Fass wurde von Kiichiro aus dem Minimumgesetz von Justus von Liebig übernommen. Liebig stellte den Sachverhalt des bestimmenden Engpasses als Fass dar. Vgl. dazu auch den Artikel von Wolfgang Mewes.

    Interessant ist hier die Anwendung des Minimumgesetzes auf Personal: Deming lehrte, dass individuelle Unterschiede zwischen Mitarbeitern natürliche (common cause) Variation sind. Sie lässt sich nur begrenzt beeinflussen. Um die Abhängigkeit von Qualität und Systemleistung von den schwächeren Mitarbeitern zu reduzieren, hat Kiichiro also das System verändert. Die Einführung von Standards und von Techniken (wie visuelle Kontrolle, Training, Arbeitsunterweisung …), die das Einhalten der Standards fördern, reduziert die Abhängigkeit des Systems von individuellen Unterschieden.

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